Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags hat eine „Verfassungsrechtliche Bewertung der neuen Infektionsschutzgesetzgebung“ vorgenommen. Der Entwurf der Bundesregierung eines „Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ sieht gravierende Grundrechtseinschränkungen vor. Zwar habe der Gesetzgeber angesichts der Dringlichkeit der Krise einen „großzügig zu bemessenden Gestaltungsspielraum“ – dennoch halten die Rechtsberater des Bundestags die notwendige Verhältnismäßigkeit insbesondere bei nächtlichen Ausgangssperren für nicht mehr gegeben. Neben der Sieben-Tage-Inzidenz müssten auch andere Aspekte des Infektionsgeschehens bei der Ausgestaltung der Maßnahmen einbezogen werden. Zudem seien die Grundrechte bereits geimpfter Personen wieder herzustellen.
Der parlamentarische Geschäftsführer und rechtspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, Christoph Maier, äußert sich dazu wie folgt:
„Das von der Bundesregierung geplante und auch von der Staatsregierung unterstützte verschärfte Infektionsschutzgesetz ist eine Totgeburt. Vor den Gerichten wird es keinen Bestand haben, wie bereits aus dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes hervorgeht. Die Bundestagsjuristen können sich auf zahlreiche Gerichtsurteile, in denen die willkürlichen Anordnungen von Bundes- und Staatsregierung als verfassungswidrig bewertet wurden, sowie auf maßgebliche Stimmen der Forschungsliteratur stützen. So hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof pauschale Beherbergungsverbote für unzulässig erklärt und die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung bezweifelt, die allein auf bestimmte Inzidenzwerte abstellt. Auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat hervorgehoben, dass neben der Sieben-Tage-Inzidenz alle anderen relevanten Umstände des Infektionsgeschehens einbezogen werden müssen. Dies gilt erst recht, da in der Fachwelt mittlerweile Einigkeit darüber besteht, dass der Inzidenzwert für sich genommen nichts über das Krankheitsbild oder eine Infektionsgefahr aussagt. Auch eine Ausgangsbeschränkung kann, laut dem VGH Baden-Württemberg, allenfalls dann erlassen werden, wenn alle anderen Maßnahmen keine Verbesserung der Lage bewirken. Sie ist also nur eine ultima ratio. Und überdies ist ihr Nutzen höchst zweifelhaft.
Wir begrüßen es daher, wenn die Freien Wähler eine Verfassungsbeschwerde gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes einreichen wollen, sofern es sich dabei nicht nur, wie ich befürchte, um populistischen Aktionismus handelt. Schließlich haben die Freien Wähler als Juniorpartner in der CSU-geführten Regierung bislang alle Corona-Maßnahmen mitgetragen. Sollten sie ihre Position aber ernsthaft ändern und neuerdings einen verfassungskonformen Weg beschreiten wollen, ist ihnen die Unterstützung der AfD-Fraktion sicher.
Ich fordere die Staatsregierung auf, die Bewertung der geplanten Gesetzesnovelle durch den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags ernst zu nehmen und von weiteren Verschärfungen abzusehen. Hören Sie auf, die Bürger einzusperren und zu drangsalieren, Herr Söder, und stellen Sie verfassungsmäßige Verhältnisse in Bayern wieder her!“